Augenfarbe ändern durch Tattoo – ein gefährlicher Trend?
- augenarztonline
- 16. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 6 Tagen
Die Welt der Körperkunst kennt kaum noch Grenzen – das Augapfel-Tattoo zählt zu den gefährlichsten Trends. Bei diesem Trend wird Farbstoff direkt in das Auge injiziert. Das Ziel: eine dauerhaft veränderte Augenfarbe. So verlockend das für manche klingen mag, so drastisch und vor allem gefährlich sind die Konsequenzen. Deshalb is es gut sich vorab zu informieren, welche gesundheitliche Risiken so ein Eingriff mit sich bringt.
Was passiert beim Augapfel-Tattoo?
Beim sogenannten Sclera-Tattooing wird Farbstoff mit einer feinen Nadel direkt in das Weiße des Auges (die Sclera) gespritzt. Dabei verteilt sich die Farbe unkontrolliert unter der dünnen Bindehautschicht, was zu einer flächigen, meist schwarzen oder bunten Färbung führt.

Nicht zu verwechseln ist das Sclera Tattooing mit einem anderen Verfahren, der sogenannten Keratopigmentierung, bei der mit einem Femtosekundenlaser oder einer scharfen Klinge winzige Kanäle in die Hornhaut gefräst werden, in die dann Pigmente eingebracht werden, um die Augenfarbe zu verändern. Besonders problematisch sind sogenannte Irisimplantate, bei denen eine künstliche Iris aus Silikon in die Vorderkammer des Auges eingesetzt wird – ein Bereich, der für solche Eingriffe anatomisch nicht vorgesehen ist.

Gesundheitliche Risiken im Überblick
Das Tätowieren des Augapfels ist nicht nur extrem riskant, sondern medizinisch gesehen hochproblematisch. Die Liste der möglichen Komplikationen ist lang – und beängstigend:
Infektionen und Entzündungen:
Die Lederhaut (Sclera), die beim Augentattoo gezielt verletzt wird, gehört zu den am schlechtesten durchbluteten Bereichen des Körpers. Das bedeutet: Wird sie durchstochen, gelangen Keime leicht ins Innere des Auges – doch körpereigene Abwehrzellen und Antibiotika erreichen diese Region nur schwer. Schon eine kleine Verunreinigung kann zu einer schwerwiegenden Infektion führen, die sich rasant ausbreitet. Augenentzündungen sind extrem schmerzhaft, schwer behandelbar und können bleibende Schäden an Bindehaut, Iris und anderen Strukturen verursachen. In besonders schweren Fällen kann sogar eine Sepsis (Blutvergiftung) entstehen, die die Entfernung des Auges notwendig macht.
Sehverlust und Erblindung:
Einer der dramatischsten Risiken ist der Verlust der Sehfähigkeit. Gelangt die Farbe nicht exakt zwischen Leder- und Bindehaut, sondern tiefer – etwa zur Hornhaut, Netzhaut oder gar zum Sehnerv –, kann dies irreparable Schäden verursachen.
Blutungen und Narbenbildung:
Durch die Injektion mit einer feinen Nadel kann es im Bereich der Lederhaut zu punktuellen oder großflächigen Blutungen kommen. Besonders gefährlich ist, dass sich im Inneren des Auges keine Möglichkeit zur natürlichen Wundheilung wie auf der Haut bietet. Blutreste, Narbengewebe oder Ablagerungen können das Sehvermögen dauerhaft beeinträchtigen, Doppelbilder verursachen oder das Auge trüben.
Allergische Reaktionen und das Gefühl eines Fremdkörpers:
Die Farbpigmente, die beim Tätowieren des Auges eingesetzt werden, sind nicht für den Einsatz am Auge gedacht. Deshalb besteht ein hohes Risiko für allergische Reaktionen, etwa in Form von Rötungen, Juckreiz, Brennen oder Schwellungen. Viele Betroffene berichten auch Wochen nach dem Eingriff von einem anhaltenden Gefühl, als sei ein Sandkorn oder ein anderer Fremdkörper im Auge – ein Zustand, der zu ständiger Reizung, erhöhter Lichtempfindlichkeit und starken Schmerzen führen kann.
Pigmentwanderung und unkontrollierte Gewebeveränderungen:
Ein weiteres Risiko liegt in der sogenannten Pigmentmigration: Die Farbstoffe bleiben nicht immer dort, wo sie injiziert wurden. Sie können sich im Gewebe verteilen oder sogar in andere anatomische Strukturen eindringen. Dies kann zu Gewebeveränderungen bis Tumorbildungen führen. Da diese Bewegungen unkontrollierbar sind, ist eine gezielte Nachbehandlung kaum möglich.
Langzeitfolgen und keine Möglichkeit zur Korrektur:
Langzeitstudien zu Augentattoos gibt es kaum – was die Gefährdungslage noch unkalkulierbarer macht. Experten vermuten jedoch, dass viele der genannten Risiken auch Jahre nach dem Eingriff zu chronischen Beschwerden oder plötzlichem Sehverlust führen können. Besonders besorgniserregend: Ein Augapfel-Tattoo lässt sich nicht rückgängig machen. Die Farbe kann nicht entfernt werden – nicht durch Laser, nicht durch Medikamente, nicht durch chirurgische Eingriffe. Wer diesen Schritt geht, tut dies unwiderruflich.
Psychische und soziale Folgen:
Nicht nur die körperlichen, auch die seelischen Folgen sind gravierend. Zahlreiche Betroffene berichten nach misslungenen Eingriffen von psychischen Belastungen wie Depressionen, Angstzuständen oder sozialer Ausgrenzung. Sichtbare Veränderungen oder ungewollte Entstellungen am Auge können das Selbstwertgefühl massiv beeinträchtigen. Statt der erhofften Individualität und Aufmerksamkeit erleben viele eine tiefe innere Krise – oft verbunden mit Schuldgefühlen oder dem Gefühl, „einen Fehler gemacht zu haben, der nicht mehr rückgängig zu machen ist“.

Augentattoos im rechtlichen Graubereich
In Österreich ist das Tätowieren des Auges nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, fällt jedoch unter die allgemeinen Vorschriften des Tätowierens und kann aus juristischer Sicht als hochproblematisch eingestuft werden. Gerade weil Augentattoos medizinisch extrem gefährlich sind, kann ein solcher Eingriff als schwere Körperverletzung gewertet werden – insbesondere dann, wenn bleibende Schäden auftreten oder keine ordnungsgemäße Aufklärung stattgefunden hat.
Nachsorge – Wenn das Risiko schon eingegangen wurde
Die Nachsorge nach einem Augentattoo erfordert ein Höchstmaß an Sorgfalt und Hygiene. Unmittelbar nach dem Eingriff sollte das behandelte Auge mit einem sterilen Verband oder einem geeigneten Pflaster geschützt werden, um es vor Keimen, Wasser, Staub und anderen äußeren Einflüssen zu bewahren. Besonders wichtig ist es, jeden Kontakt mit Wasser strikt zu vermeiden – insbesondere in Schwimmbädern, Seen oder Whirlpools, da diese häufig mit Keimen belastet sind und das Infektionsrisiko erheblich steigern.
Die behandelte Stelle muss regelmäßig und sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden – nur mit dafür geeigneten Mitteln, die von Fachpersonal empfohlen wurden. Pflaster oder Verbände sollten häufig gewechselt werden, um ein feucht-warmes Milieu zu verhindern, das die Vermehrung von Bakterien begünstigt. Darüber hinaus ist eine ständige Beobachtung der betroffenen Region entscheidend: Erste Anzeichen wie Rötung, Schwellung, Schmerzen, Eiterbildung oder Überwärmung dürfen keinesfalls ignoriert werden. Bei solchen Symptomen sollte umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden, idealerweise durch einen/eine Augenarzt/-ärztin, da sich eine Infektion im Auge rasch verschlimmern kann.
Auch im Alltag ist auf höchste Hygiene zu achten. Hände müssen regelmäßig und gründlich gewaschen und desinfiziert werden – insbesondere vor jeder Berührung des tätowierten Auges. Persönliche Hygieneartikel wie Handtücher, Waschlappen oder Kosmetikutensilien dürfen nicht mit anderen geteilt werden. Gleiches gilt für medizinische Hilfsmittel wie Augentropfen oder Pipetten, die unter keinen Umständen gemeinsam genutzt werden sollten. Selbst wenn äußerlich keine Beschwerden spürbar sind, ist eine regelmäßige medizinische Kontrolle zu empfehlen, da viele Komplikationen sich erst verzögert zeigen.
Fazit: Ein Blick, der alles kosten kann
Die Idee, sich die Augenfarbe dauerhaft durch ein Tattoo zu verändern, steht für manche für Individualität und Ausdrucksstärke – doch der Preis dafür kann erschreckend hoch sein. Infektionen, dauerhafte Sehschäden, Gewebeveränderungen, psychische Belastungen – im schlimmsten Fall der Verlust des Auges: Die Risiken sind real und gravierend.
Mediziner, Fachgesellschaften und sogar Gesetzgeber warnen eindringlich vor dieser Form der Körpermodifikation. Wer mit dem Gedanken spielt, sollte sich bewusst machen: Es geht nicht um ein modisches Statement – es geht um das Sehen selbst.
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